Desaster bei Rodenbacher Grundstücksvergabe

24.01.2021

Vergabedesaster der Gemeindegrundstücke im Neubaugebiet südlich der Adolf-Reichwein-Straße

Das über Jahrzehnte von der SPD-geführten Gemeindeverwaltung Rodenbachs geplante Neubaugebiet südlich der Adolf-Reichwein-Straße droht zu einem Planungsdesaster zu werden. Für die Vergabe der gemeindeeigenen Grundstücke wurde in der Gemeindevertretungssitzung am 12.11.2020 mit Stimmen der SPD- und CDU-Fraktion eine Vergaberichtlinie verabschiedet, die den elementaren Rechten aller Rodenbacherinnen und Rodenbacher zuwiderläuft.

Um wohlhabende Mitbürger beim Erwerb von Grundstücken auszuschließen, dürfen Bewerber um Grundstücke im Neubaugebiet maximal über ein Vermögen in Höhe des Grundstückswertes verfügen. Außerdem dürfen Bewerber nicht Eigentümer eines bebaubaren Grundstücks bzw. einer Immobilie in der Gemeinde Rodenbach sein – so sieht es die von der SPD und CDU favorisierte Vergaberichtlinie für gemeindeeigene Grundstücke im Neubaugebiet südlich der Adolf-Reichwein Straße vor. Immobilieneigentum außerhalb der Gemeinde Rodenbach wird hingegen als Vermögen angerechnet, ist jedoch kein Ausschlusskriterium.

Warum wollen aber die SPD und die CDU Interessenten aus umliegenden Gemeinden, die eine Bewerbung für den Erwerb eines Grundstücks abgeben, selbst aber schon Immobilieneigentümer in ihrer Gemeinde sind, ein Privileg gegenüber uns Rodenbachern geben?

Michael Kempf

Die beiden Parteien wollen Rodenbacher Immobilieneigentümern und -eigentümerinnen automatisch von der Erwerbsmöglichkeit ausschließen, als ob sie dies nur in der Absicht tun würden, um Immobilienwerte anzuhäufen.

Doch werden dabei diejenigen nicht berücksichtigt, die eventuell durch den Kauf einer Eigentumswohnung, eines Reihenhauses oder gar eines freistehenden Hauses (welches ihnen vielleicht zu groß geworden ist) in der Vergangenheit bereits Geld in eine Immobilie angelegt haben, um sich jetzt die Möglichkeit einer auf sie zugeschnittenen Immobilie zu ermöglichen.

Michael Kempf, Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion Rodenbach

Die FDP-Rodenbach sieht die Änderung der Vergaberichtlinien als zwingend erforderlich an, da Rodenbacherinnen und Rodenbacher, die bereits eine Immobilie besitzen, nicht automatisch vom Erwerb eines Grundstücks ausgeschlossen werden dürfen. Diesbezüglich hatte die FDP-Fraktion in Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 19.01.2021 einen Antrag gestellt, mit dem Ziel die Vergaberichtlinien fairer zu gestalten. Konkret wurde in diesem Antrag vorgeschlagen folgenden Wortlaut in die Richtlinie aufzunehmen:

“Rodenbacher Bürgerinnen und Bürger, die bereits eine Immobilie / eine Eigentumswohnung / ein bebaubares Grundstück in Rodenbach besitzen und sich verbindlich verpflichten, ihre Immobilie / Eigentumswohnung / bebaubares Grundstück im Zuge des Erwerbs eines Grundstücks Südlich der Adolf-Reichwein-Straße zu verkaufen, sind nicht automatisch von der Erwerbsmöglichkeit ausgeschlossen.“

Leider wurde der Antrag bei einer Enthaltung (CDU) und nur einer Ja-Stimme (FDP) mit den Gegenstimmen der CDU und SPD-Fraktion abgelehnt.

Wir sind der Meinung, dass die bestehende Vergaberichtlinie einfach unfair ist und möchten im Folgenden aufzeigen, warum wir dieser Meinung sind.

Um Geld zu sparen, bietet sich nicht nur das von Minuszinsen bedrohte Sparkonto an. Wer klug vorsorgt, lässt sein Geld nicht nur bei seiner Bank oder bei Sparkassen, sondern investiert auch in Realwerte. Dazu gehört auch ein Grundstück bzw. die eigene Immobilie. Daher darf es bei den Vergabekriterien nicht darauf ankommen, ob in Form von Spargeld auf dem Bankkonto oder in Form einer Immobilie gespart wurde. Eine willkürliche Unterscheidung verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die Genossen der SPD und die Christdemokraten übersehen, wie wichtig für alle Rodenbacherinnen und Rodenbacher der Aufbau eigenen Vermögens ist. Nur wer auch über eigene Mittel verfügt, ist gegen die Wechselfälle des Lebens besser geschützt und gerät nicht in die Abhängigkeit der Grundsicherung. Wir Freien Demokraten treten daher für faire Chancen für alle Menschen in Rodenbach ein und lehnen es ab, wenn Immobiliensparer benachteiligt werden, nur weil sie in reale Werte investieren, statt ihr Geld nur passiv auf Konten liegen zu lassen.

Wer in Rodenbach sein ganzes Vermögen durch Kauf einer Eigentumswohnung dafür eingesetzt hat, anderen Rodenbacherinnen und Rodenbachern das Mieten von Wohnraum zu ermöglichen, und dadurch selbst auch für den Kauf eines Grundstücks in Rodenbach gespart hat, muss belohnt und darf nicht bestraft werden, wie es die anderen Parteien in der Gemeindevertretung irrtümlich wollen.

Der Antrag der FDP-Fraktion zur Änderung der Vergaberichtlinien für das Neubaugebiet südlich der Adolf-Reichwein-Straße entspricht daher in jeder Hinsicht dem Kerngedanken der Vergaberichtlinien. Zu beachten ist nämlich, dass sich die Vergaberichtlinien auf die Vorgaben des Europarechts stützen. Diese sehen eine Vergabe der Grundstücke auf Basis sozialer Aspekte in Verbindung mit der Ortsansässigkeit der Bewerberinnen und Bewerber ausdrücklich vor. Ausweislich der Rechtsprechung des EuGHs muss im Rahmen der Auswahl der soziale Aspekt mit mindestens 50 % gewichtet werden. Hieraus resultieren die Einkommens- und Vermögensobergrenzen für die Bewerberinnen und Bewerber, aber nicht bestimmte Vorgaben darüber, welche Art von Vermögen die Bewerberinnen und Bewerber besitzen dürfen oder gar müssen.

Welche junge Rodenbacher Familie kann es sich leisten, in Rodenbach eine Immobilie mit Bargeld zu kaufen, ohne die Bank, die Sparkasse, die Familie oder sonst einen Kreditgeber um Hilfe zu bitten? Wie realitätsfern und unsozial die von der SPD und CDU gewollte Vergaberichtlinie tatsächlich ist, wird schnell klar. In den meisten Fällen sind junge Immobilieneigentümer, die ihr Leben weiterhin in Rodenbach mit einer neuen Immobilie gestalten wollen, hoch verschuldet. Ihre Liegenschaft in Rodenbach ist mit Grundschulden oder Hypotheken belastet.

An der Last aus Zinsen und Tilgungen tragen junge Familie Jahrzehnte. Von Anhäufung von Immobilienvermögen, wie es die Genossen und Christdemokraten bekämpfen, kann also nicht die Rede sein. Leider kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass Bewerberinnen oder Bewerber, die bereits Eigentümer einer Immobilie in Rodenbach sind, ohnehin durch die Vermögensobergrenze vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Auf den Wert der bereits erworbenen Immobilie allein kann es nicht ankommen, auch sofern es sich um ein freistehendes Haus handelt, da allein das Nettovermögen maßgebend sein kann. Dies gilt naturgemäß sowohl für Grund- oder Wohnungseigentum in Rodenbach als auch anderswo.

Milchmädchen- und Milchbubenrechnung der „Volksparteien“

Nach der Milchmädchen- und Milchbubenrechnung der zuvor genannten „Volksparteien“ wäre eine vierköpfige Familie reich, die über eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Hochhaus verfügt, weil diese Wohnung vielleicht 150.000 Euro gekostet hat. Diese Rodenbacher Familie würde von jeder Bewerbung um ein Grundstück ausgeschlossen, obwohl sie vielleicht einen hohen Kredit aufnehmen musste, um sich diese Wohnung zu leisten, jahrelang hart gespart hat und nun den Kredit ablösen möchte, um mit einem neuen Kredit endlich ein eigenes Grundstück zu erwerben.

Wer beispielsweise aus dem Ausland nach Rodenbach zurückkehrt, verkauft dort vielleicht nach Erhalt des Zuschlags nach den SPD-Kriterien eine hochwertige Immobilie, über deren Wert vorab kaum etwas zu erfahren war. Die Lebenssituationen der Rodenbacherinnen und Rodenbacher sind vielfältiger, als es die anderen beiden Parteien glauben.

Nach klarer Vorgabe des Europarechts dürfen Rodenbacher Bürgerinnen und Bürger über die Regelung nicht bevorzugt, aber auch nicht benachteiligt werden. Auswärtigen wird nämlich die Möglichkeit eines Verkaufs Ihrer Immobilie schon dadurch eröffnet, dass ihre Verkäufe nicht von der Gemeinde Rodenbach kontrolliert werden können. In vielen Ländern gibt es außerdem kein dem deutschen Grundbuch vergleichbares Register, das exakt nachvollziehbar wäre. Diese Benachteiligung von uns Rodenbacherinnen und Rodenbachern sollte vermieden werden.

Sinn und Zweck der Regelungen ist auch, ehemaligen Rodenbacher Bürgerinnen und Bürgern, die in der Vergangenheit gerne in Rodenbach sesshaft geworden wären, dies aber mangels verfügbarer Immobilien nicht konnten, eine Möglichkeit zu eröffnen, dies nun doch zu tun. So sind manche Bürgerinnen und Bürger aus beruflichen Gründen nicht in der Lage gewesen, ihren Wohnsitz in Rodenbach zu führen, und konnten daher nur eine kleine Wohnung kaufen und diese vermieten, um sich im Laufe der Zeit das notwendige Eigenkapital für den Kauf eines Grundstücks anzusparen. Dieser Wunsch muss respektiert und im Rahmen der Vergaberichtlinien beachtet werden. Die von der SPD und CDU vorgesehene Vergaberichtlinie läuft dem zuwider. Die Tatsache, dass Bürgerinnen und Bürger, die in Rodenbach bereits eine Immobilie erwerben konnten, damit vom Verfahren ausgeschlossen werden, um den Kreis der Berechtigten nicht weiter zu vergrößern, ist daher nicht hinnehmbar.

Die von uns Freidemokraten vorgeschlagene Änderung dient dem Ziel, die soziale Gerechtigkeit und den sozialen Schutz zu fördern, da auch Bürgerinnen und Bürger, die sich den Kauf einer Immobilie in Rodenbach bereits ohne das Angebot vergünstigten Grunderwerbs erarbeitet haben, aber noch lange nicht über genügend Eigenmittel verfügen, um am freien Markt eine Liegenschaft zu erwerben, berücksichtigt werden.

Daher ruft die FDP alle Rodenbacher Parteien dazu auf, sich im Konsens an den durch die Bundesregierung und dem Freistaat Bayern gemeinsam mit der EU-Kommission ausgearbeiteten Leitlinien zu orientieren, die die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland künftig verhindern und einen allgemeinen Rahmen für Gestaltungsmöglichkeiten schaffen sollen. Wir von der FDP geben zu bedenken, dass diese Leitlinien vom Hessischen Städte- und Gemeindebund ausdrücklich empfohlen werden. Die von der FDP-Fraktion vorgeschlagene Änderung stützt das Grundkonzept der Vergaberichtlinien und wird durch die Leitlinien abgebildet. Daher sehen wir Freien Demokraten die Rechtmäßigkeit der Vergaberichtlinien nur dann gesichert, wenn der nach Artikel 3 unseres Grundgesetzes verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung für jeden Bürger nachvollziehbar auch in unserer Gemeinde nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch real gelebt wird.